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Shkodër, Nordalbanien

 

Botschafterin ihrer Minderheit

 

Seit einigen Jahren unterstützt IPA eine junge Roma aus Lezhë. Nach der Matura hat sie jetzt auch den Bachelor geschafft – als erste ihrer Gemeinschaft in der ganzen Stadt.


In eine arme Roma-Familie geboren, mit einer Behinderung zur Welt gekommen, mit 11 Jahren vergewaltigt. Anita hatte einen katastrophalen Start ins Leben. Aber dank der Hilfe einer italienischen Organisation, die sich in Lezhë für den Schulbesuch von Roma einsetzt, schaffte sie es ins Gymnasium. Von da an wurde sie von IPA unterstützt. Sie bestand die Matura und begann an der Uni in Shkodër Geografie zu studieren. Mit jedem Jahr wurde sie stärker, und nun hat sie nach einem turbulenten letzten Studienjahr einen Bachelorabschluss in der Tasche.

Der Weg dahin war nicht leicht. Getrennt von der Familie, musste die junge Frau in einer grösseren Stadt zuerst einmal zurechtkommen. Aber sie engagierte sich, gab sich Mühe, wollte die Chance unbedingt packen. "Sie lernt die ganze Zeit", meinte eine Zimmerkollegin. Als im Bachelorjahr der Unibetrieb im ganzen Land während zwei Monaten wegen grossen Demonstrationen unterbrochen war, ging sie nicht auf die Strasse. Sie wollte die Zeit für ihr Studium nützen. Ein kluger Entscheid, denn danach musste in kürzester Zeit viel Stoff aufgearbeitet werden. Sie schrieb eine Arbeit über die Kultur der Roma, nahm an Exkursionen teil und lernte intensiv für die Prüfungen. Auf die Semesterschlusstests folgten fast nahtlos die Bachelorprüfungen. Die seriöse Arbeitshaltung zahlte sich aus: Anita wurde mit einer Note 8 (bei 10 als Maximum) belohnt. Diese Leistung erhält noch mehrGewicht, wenn man weiss, dass nur 10 von 35 Kandidatinnen und Kandidaten die Prüfung überhaupt bestanden haben.


Bildung neu als Statussymbol


Die junge Frau scheint ihre Traumata überwunden zu haben. Zusammen mit ihrer Schwester wurde sie zu einer Tagung von Vertretern der Minderheiten aus ganz Albanien eingeladen und für ihr vorbildliches Verhalten ausgezeichnet. Zu Recht, denn der Einfluss der beiden Frauen auf die jüngeren Roma ist enorm. Viele Eltern fragen bei ihnen nach Tipps für eine erfolgreiche Schulkarriere. Bildung ist in der Gemeinschaft innerhalb von wenigen Jahren zu einem Statussymbol geworden. Fastjedes Kind der Roma träumt inzwischen von einer Laufbahn am Gymnasium, an einer Berufsschule oder gar von einem Studium. Anita ist aber nicht nur nach innen eine gute Botschafterin. Ihre Leistungen, ihr Auftreten und ihre Arbeit über die Kultur der Roma haben auch allen Mitstudierenden gezeigt: Die Vorurteile über Roma sind fehl am Platz.

Das nächste Ziel ist gesetzt, der Weg dahin bereits in Angriff genommen. Anita möchte Lehrerin für Geografie an einem Gymnasium werden. Dafür hat sie ein Masterstudium begonnen. Die Reise geht weiter – begleitet von IPA.


Ein Vorbild für die Jungen der Gemeinschaft in Lezhë